Mit autonomen Robotern die Stromkosten senken

Fahrerloses Transportsystem

Autonomer Roboter als Zwischenspeicher in der Produktion. (Quelle: Universität Stuttgart IFF/Fraunhofer IPA, Foto: Rainer Bez)

Mit autonomen Robotern die Stromkosten senken

Ein Forschungsteam am Fraunhofer IPA entwickelt einen Software-Service zur effizienten Energienutzung in der Produktion. Eine zentrale Rolle spielen dabei die Batterien von Robotern. Mit ihnen lassen sich Verbrauchs-Peaks abpuffern. Eine erste Anwendung für die Energiesynchronisationsplattform der Zukunft.

Veröffentlicht am 10.02.2022

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Wenn in der Fabrik alle Bänder anlaufen oder ein wichtiger Auftrag abgearbeitet werden muss, bei dem alle Maschinen im Einsatz sind, steigt der Stromverbrauch sprunghaft an. Diese Lastspitzen, auch Peaks genannt, können für ein Unternehmen teuer werden, denn die Stromanbieter verwenden genau diese Spitzenwerte, um das Nutzungsentgelt zu berechnen, bei Überschreitung werden zusätzliche Gebühren fällig.

Wie aber lassen sich Peaks vermeiden? Die Produktion drosseln? Stationäre Batterien installieren, die den erhöhten Strombedarf abpuffern können? Ein Forscherungsteam vom Fraunhofer IPA und der Universität Stuttgart hat eine kostengünstige Alternative entwickelt: »Wir wollen bestehende Ressourcen besser nutzen«, erklärt Ozan Yesilyurt vom Kompetenzzentrum DiglTools am Fraunhofer IPA. »In vielen Unternehmen gibt es fahrerlose Transportsysteme, die mit leistungsfähigen Batterien ausgestattet sind. Diese Kapazität ließe sich nutzen, um Verbrauchs-Peaks zu vermeiden: Dafür müsste man die autonomen Roboter nur bei steigendem Strombedarf zu den Ladestationen holen und überschüssige Ladung ins unternehmenseigene Netz einspeisen.«

Peak-Rasur hilft sparen

All dies ist machbar, das zeigt eine Studie des Stuttgarter Forschungsteams: Mit »Peak Shaving«, dem Abrasieren der Verbrauchs-Peaks durch Nutzung autonomer Transportsysteme könnten kleine und mittlere Unternehmen allein in Deutschland viel Geld sparen. Und auch für die Netzbetreiber wäre die Peak-Rasur von Vorteil: Sie müssten nicht mehr die hohen Leistungen vorhalten, die die Kunden nur selten benötigen.

Der Verbrauch wäre kalkulierbarer und damit würde es auch in Zukunft, wenn immer mehr Energie aus erneuerbaren Quellen kommt, einfacher, den Bedarf zu decken. »Wind und Sonne sind nicht ständig verfügbar, umso wichtiger wird es sein, die vorhandene Energie effizient und flexibel zu nutzen«, betont Yesilyurt.

Der Batterie-Einsatz-Optimierungs-Service, kurz BEOS, den die Forscherinnen und Forscher entwickelt haben, kann dabei helfen. Um die optimalen Zeitfenster für Ladung und Entladung der Batterien zu errechnen, berücksichtigt die Software eine Vielzahl von Faktoren: den Ladezustand der Transportsysteme und ihre Auslastung, die Produktionsdaten des Unternehmens, den Strombedarf der einzelnen Maschinen, die Preise an der Strombörse, die Tarife des Energieversorgers und die vertraglich festgelegte Höchstleistung.

Energie flexibel nutzen

Noch ist BEOS eine Insellösung. Doch bis Ende des Jahres soll der Batterie-Optimierungs-Service eingebunden sein in die Energiesynchronisationsplattform, die derzeit im Forschungsprojekt »SynErgie« entwickelt wird. BEOS wird dann einer von vielen Services sein, die Unternehmen zur Verfügung stehen, um Energie flexibler und effizienter zu nutzen. Geplant sind beispielsweise Prognosetools für Strompreise oder Produktionsmanagementsysteme.

Über die Plattform sollen sich künftig Unternehmen auch untereinander vernetzen können, um Peaks im Energieverbrauch abzupuffern. Diejenigen, die Überschüsse haben, können den Strom dann ohne bürokratischen Aufwand an Firmen abgeben, die ihn gerade benötigen. Wer die Batterien seiner autonomen Roboter zu einem günstigen Tarif aufgeladen hat, kann den Strom dann auf dem Intraday-Markt sogar mit Gewinn verkaufen.

Die Energiesynchronisationsplattform integriert in einer automatisierten und standardisierten Lösung die Unternehmens- und Marktseite und ist das übergeordnete Konzept aus Rahmenbedingungen, Schnittstellen, Datenmodellen, Stakeholdern und einer Sicherheitsarchitektur. Konkret als Software umgesetzt werden die Unternehmensplattform und Marktplattform. Auf Seiten der Unternehmensplattform erfolgt die Anbindung aller Maschinen und Software sowie Services im Unternehmen über die am Fraunhofer IPA entwickelte Middleware »Manufacturing Service Bus«. Dabei wird das Management sowie die Optimierung des Einsatzes der Energieflexibilität durch verschiedenste Services (wie BEOS) umgesetzt. Die Marktplattform wiederum bietet flexibilitätsorientierte Services zur Auswahl an. Eine Nutzung erfolgt dann über den jeweiligen Serviceanbieter. Beispiele für solche Services sind Prognosesysteme, Energieflexibilitätshandelsservices von Aggregatoren sowie Services für lokalen Energieflexibilitätshandel.

Ihr Ansprechpartner

M.Sc. Ozan Yesilyurt

Mitarbeiter der Gruppe Daten und Anwendungsdienste für die digitale Produktion
Telefon +49 711 970-1778