In dieser Fertigungslinie in Zell am See wird der Desinfektionstuchspender für den Weltmarkt in Serie produziert. (Quelle: Hagleitner)
»Forschen heißt die Zukunft gestalten«
Die vergangenen zwei Jahrzehnte beschreibt Hans Georg Hagleitner als erfüllt mit Freude und Spaß – Attribute, die in einem hart umkämpften Wettbewerbsumfeld nicht selbstverständlich sind. Attribute, die er auch an die Nachfolgegeneration weitergibt, die bereits heute aktiv die neue digitale Welt mitgestaltet.
Zu Beginn eine kleine Vorgeschichte: Um Unternehmen bei der Umsetzung der Digitalen Transformation zu unterstützen, rief das Macils Management Centrum unter Schirmherrschaft der Robert Bosch GmbH und des Fraunhofer IPA im Juli 2016 die Lernreise »Industrie 4.0 live« ins Leben. Innerhalb von zwei Jahren besuchten Vertreter von 30 Mitgliedsfirmen zwölf »Industrie-4.0-Vorreiter«, sogenannte Best-Practise-Partner, um sich dort Inspiration für die eigene Organisation zu holen.
Zu den damaligen Best-Practise-Partnern gehörte auch das Familienunternehmen Hagleitner Hygiene mit Hauptsitz im österreichischen Zell am See. Passend, denn Hans Georg Hagleitner, der sich schon immer gern auf Neuland bewegte, Dinge ausprobierte und vorantrieb und auch dieses Wissen mit anderen teilte, wurde in seinem Heimatland zu dieser Zeit als »Entrepreneur of the year« in der Kategorie Handel- und Konsumgüter ausgezeichnet.
Zukünftig kein Stück Vlies mehr wegwerfen
Nun, mehrere Pandemiewellen und viele digitale Entwicklungsstufen weiter, präsentierte er Mitte Oktober dieses Jahres bei der Eröffnung der neuen Deutschland-Zentrale in Frankfurt am Main seine neueste Erfindung, einen Desinfektionstuchspender. »Mit diesem Produkt läuten wir einen Paradigmenwechsel im Umgang mit Feuchttüchern ein. Kein Feuchttuch trocknet mehr aus, weil es ganz oben in der Packung liegt. Kein Finger kramt dort herum und schleppt Keime ein«, so der Firmeninhaber bei der Pressekonferenz vor über hundert geladenen Gästen.
Unter den Schlagworten Digitalisierung und Nachhaltigkeit sorgt sein eigens entwickelter, sensorbasierter Automat für mehr Frische und Sauberkeit und beugt Verschwendung vor, ist eben »Innovative Hygiene« – dem Markenversprechen der Firma folgend. Praktisch getestet wurde im Vorfeld mannigfaltig: von der Imbissstube über das Fitnessstudio bis hin zum Rehazentrum. Mit positiver Resonanz. Dieser technologische Schritt sei überfällig gewesen, so Hagleitner. Der Bedarf ist vorhanden, der Markt generell für Hygieneartikel riesig. Weltweit schätzt die Branche mit dem Megatrend Public Health in den kommenden Jahren mehr als 150 Milliarden Euro umzusetzen.
Alle Produkte digitalisiert ab Werk
Sein im Jahr 2018 gesetztes Ziel, alle automatischen Produkte des Konzerns bis 2020 zu digitalisieren, hat Hagleitner erreicht. Kein solches Dosiergerät, kein solcher Seifen- oder Desinfektionsspender verlässt die Werkshalle als analoges Gut. Auch die Produktion ist digital. »Das versteht sich von selbst. Digitale Produktion ist eine Voraussetzung, um digitale Produkte anzubieten. Direkt an der Herstellungslinie signieren unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Gerät für Gerät digital. Sie prüfen jedes von ihnen und verbriefen die Funktionstüchtigkeit mit einem QR-Code. Ein digitaler Zwilling ist geboren«, berichtet Hagleitner stolz.
Für ihn leistet digitale Produktion jedoch noch mehr: Sie zielt auch auf die Gesamtanlageneffektivität ab. Nur was sich messen lässt, kann beständig besser werden. Maschinen- und Anlagendaten werden automatisch erfasst. Daraus ergeben sich entsprechende Kennzahlen, um fortwährend effizienter zu arbeiten.
Neueste Erkenntnisse unmittelbar umsetzen
Auf die Frage, ob es der Unterstützung von Universitäten und Forschungseinrichtungen bedarf, um die Digitalisierung voranzutreiben, antwortet Hagleitner: »Wir kooperieren zum Beispiel mit Salzburg-Research, der Forschungsgesellschaft des Landes Salzburg, und tauschen uns aktiv mit anderen Betrieben und Institutionen aus. Der Mehrwert ist allseits signifikant: Neue Erkenntnisse sind unmittelbar umsetzbar – denn Forschen heißt die Zukunft gestalten«.
Selbst das Zukunftsthema Biointelligenz, das das Fraunhofer IPA unter anderem über Studien und Projekte und den gleichnamigen Blog in der Anwendung mit Leben füllt, ist für Hagleitner kein Fremdwort: So hat das Unternehmen beispielsweise einen Sanitärreiniger entwickelt, bei dem Reinigen, Kalk entfernen und Desinfizieren in einem Arbeitsschritt erledigt werden. Fürs Desinfizieren ist Milchsäure zuständig. In einem weiteren Beispiel benutzt Hagleitner Triacetin – sonst als Lebensmittelzusatzstoff bekannt –, um Wäsche zu desinfizieren. Direkt in der Waschmaschine trifft es auf andere Substanzen, so entsteht der Desinfektionswirkstoff Peressigsäure. Nach der Reinigung zerfällt er in seine Einzelteile: in Wasser, Sauerstoff und Essig – das Abwasser bleibt geschont.
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Fred Nemitz
Leiter der Gruppe Marketing und Kommunikation
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