Kabarettist und Buchautor Vince Ebert. (Quelle: Frank Eidel)
Energie – das Schmiermittel unserer Gesellschaft
Seit Anbeginn der Menschheit manifestiert sich jede Art von Fortschritt in der Nutzbarmachung von Energie. Als unsere Vorfahren vor gut einer Million Jahren den Gebrauch des Feuers entdeckten, war keine drei Tage später die Grillsaison erfunden. Außerdem war man damit in der Lage, Höhlen zu heizen und sich vor wilden Tieren zu schützen.
Ein energiegeladenes Plädoyer von unserem Zukunftsforscher Vince Ebert
Lange Zeit war Holz – heute neudeutsch »Biomasse« genannt – der fast einzige Energielieferant. Bereits im vorindustriellen Zeitalter rodeten Menschen ein Drittel des Baumbestandes von Europa, um den steigenden Energiebedarf zu stillen. Die Auswirkungen auf die Umwelt waren gewaltig. Die ersten Windmühlen entstanden vor etwa 4000 Jahren. Mit ihnen malte man Getreide oder verwendete sie als Wasserpumpen. Auch Solarenergie wurde in dieser Zeit genutzt, indem man zum Beispiel die Häuser so baute, dass durch die Fenster möglichst viel Sonnenwärme eindringen konnte.
Die Versorgungssituation mit Energie änderte sich drastisch, als man die Kohle entdeckte. Zum einen besitzt Kohle im Vergleich zu Wind und Sonne eine wesentlich höhere Energiedichte. Zum anderen war sie im Gegensatz zu dem langsam nachwachsenden Rohstoff Holz in rauen Mengen vorhanden. Das entscheidende Fundament der Industriellen Revolution war nicht nur die Erfindung der Dampfmaschine, sondern vor allem die Nutzbarmachung von Kohle als Energieträger.
Klar ist: Die Energiedichte verdichtet sich
Der nächste spektakuläre »energetische« Schritt war die Entdeckung des Erdöls. Damit konnte man plötzlich große Maschinen, Automobile, ja sogar riesige Schiffe betreiben. Man entwickelte Dieselgeneratoren, die rund um die Uhr und kostengünstig Elektrizität erzeugten.
Bis zum heutigen Tag basiert die Welt maßgeblich auf Erdöl. Dies liegt jedoch nicht an dem diabolischen Einfluss von Exxon und BP, sondern an grundlegender Physik. In Erdöl sind nämlich Unmengen an nutzbarer Energie gespeichert. Selbst die leistungsfähigsten Batterien liefern nur etwa ein Prozent der Energie, die dieselbe Menge Benzin liefert.
Was die Energiedichte angeht, wird Öl nur noch von einem kommerziell verwendeten Rohstoff geschlagen: Uran. Die Energiedichte von Uran ist so enorm, dass man sie sich kaum vorstellen kann: Etwa zwei Millionen Mal höher als die von Kohle und eine Million Mal höher als die von Öl. Würde der gesamte Energiebedarf meines ganzen Lebens durch die Spaltung von Uran abgedeckt, würde dabei eine Menge Atommüll anfallen, die locker in eine Getränkedose passt. Natürlich nur, wenn ich zuvor den Energydrink abgekippt habe.
Zur Person
Vince Ebert ist Diplom-Physiker und Kabarettist. Seit über 20 Jahren begeistert er mit seinen Bühnenshows tausende Zuschauer. In der ARD moderiert er die Sendung »Wissen vor Acht«. Er ist einer der gefragtesten Vortragsredner des Landes. In seinem neuesten Buch »Lichtblick statt Blackout!« hinterfragt Ebert den aktuellen Zustand Deutschlands und hält uns als »heiterer Aufklärer« mit vielen überraschenden Fakten den Spiegel vor.
Dass heutzutage große Teile der Weltbevölkerung Zugang zu bezahlbarer und permanenter Energie haben, dass immer mehr Menschen weltweit am allgemeinen Wohlstand teilnehmen können, liegt also vor allem an der Tatsache, dass ineffiziente Technologien und Energieträger durch effizientere ersetzt wurden: Das Pferd durch die Dampfmaschine, der Holzofen durch die Ölheizung, das Segelboot durch das Containerschiff, das Kohlekraftwerk durch den Kernreaktor.
Wohlstand und Fortschritt gingen schon immer mit Effizienzsteigerungen einher. Und genau das ist das große Dilemma der »erneuerbaren Energien«. Denn Wind und Sonnenenergie können von ihrer Energieausbeute her nicht mit konventionellen Energieträgern konkurrieren. Natürlich arbeiten die Forscher weiter an Effizienzsteigerungen. Trotzdem liegt der begrenzende Faktor von Wind- und Sonnenkraft weniger in der Technologie, sondern an ihrer katastrophal schlechten Energiedichte. Und mit den Gesetzen der Physik kann man nicht verhandeln.
Wie so oft: Der Mix macht’s – und logischer Menschenverstand
Das soll keineswegs heißen, auf Erneuerbare zu verzichten. Wind und Sonne allein können eine Industrienation nicht dauerhaft mit Energie versorgen. Es muss also in der Energiediskussion um einen sinnvollen und realistischen Mix von allen verfügbaren Energieträgern gehen. Denn die Wahrheit ist schmerzhaft aber simpel: Wenn wir Kernkraftwerke abschalten, müssen wir an wind- und sonnenarmen Tagen Kohlekraftwerke unter Volllast laufen lassen. Möchten wir beides nicht, müssen Gaskraftwerke einspringen, was derzeit aus bekannten Gründen schwer bis unmöglich ist.
Wir brauchen wieder eine rationale Herangehensweise unserer Energieversorgung. Mit ökologischer Naivität haben wir uns in eine Sackgasse manövriert. Unser energiepolitischer Tunnelblick gefährdet unsere Versorgungssicherheit. Und selbst, wenn wir einigermaßen glimpflich durch diesen Winter kommen, wird die Energiekrise ja nicht vorbei sein, nur, weil es im Frühling wieder wärmer wird.
Günstige und allzeit verfügbare Energie ist für eine Volkswirtschaft buchstäblich der Treibstoff für jede Art von Wohlstand und Fortschritt. Und nicht zuletzt ist günstige Energie das Schmiermittel für sozialen Zusammenhalt. Ist der Preis dauerhaft zu hoch, dann steigen die Produktionskosten sukzessive an, sodass unsere Exportgüter zu teuer werden, um global konkurrenzfähig zu sein.
Ich sag nur: Umdenken in unserer Energiepolitik
Den hiesigen Unternehmen bleiben nur zwei Alternativen: Entweder sie melden Konkurs an oder sie verlagern ihre Produktionsstätten ins Ausland. Beides schwächt das Land und führt zu einer kontinuierlichen Abwärtsspirale. Mit zunehmender Deindustrialisierung sinken die Steuereinnahmen, der Staat hat immer weniger Geld für Bildungs-, Sozial- und Gesundheitsleistungen übrig, das Land wird ärmer. Gut ausgebildete Fachkräfte wandern ab, weil sie im Ausland bessere Perspektiven sehen, was den heimischen Standort noch weiter schwächt.
Wir brauchen daher dringend ein Umdenken in unserer Energiepolitik. Weg mit zu viel Wunschdenken, hin zu mehr Pragmatismus. Lichtblick statt Blackout!