Die beiden Institutsleiter Thomas Bauernhansl (links im Bild) und Alexander Sauer. (Quelle: Fraunhofer IPA/Foto: Rainer Bez)
»Mit positiver Eigendynamik und Flow«
In den vergangenen Monaten hat das Fraunhofer IPA seine Strategie überprüft und neu definiert sowie im Rahmen seines Leitbilds über seine Mission und Vision nachgedacht. Interaktiv sprach mit den Institutsleitern Thomas Bauernhansl und Alexander Sauer über Mission und Vision des Fraunhofer IPA und das, was sie persönlich antreibt.
Herr Professor Bauernhansl, wovon sprechen wir, wenn wir von Mission und Vision reden?
Thomas Bauernhansl: Eine Vision ist eine langfristige Zielsetzung, ein motivierendes Zielbild, hinter dem sich alle versammeln. Es beschreibt, was man in fünf oder in zehn Jahren erreicht haben will. Entsprechend hat eine Vision ein Ende. Eine Mission ist dagegen zeitlich unbegrenzt. Da geht es darum: Warum machen wir das, was wir tun? Was macht uns aus? Was ist die DNA unserer Organisation? Was sind unsere Werte, die uns motivieren?
Beim Fraunhofer IPA stellen wir die Mission in den Vordergrund. Wir sind so vielfältig aufgestellt, dass eine Vision im Blick auf fünf oder zehn Jahre so generisch wäre, dass diese nicht ausreichend handlungsleitend wäre. Die Zielsetzung zum Beispiel für eine Batteriezellfertigung in fünf Jahren kann man relativ genau definieren. Aber wenn wir versuchen würden, 18 strategische Themenbereiche in einer Vision zusammenzubringen, dann wäre diese verwässert. Keiner könnte mehr so richtig etwas mit dieser Vision anfangen und die einzelnen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen würden sich darin nicht wiederfinden.
Daher haben wir gesagt, dass jedes strategische Themenfeld seine eigene motivierende Vision mit langfristiger Zielsetzung formuliert. Und für das Fraunhofer IPA formulieren wir eine übergreifende Mission, denn das, was unsere DNA ausmacht, was uns bewegt, ist uns allen gemeinsam.
Wozu brauchen wir eine Mission und eine Vision, Herr Professor Sauer?
Alexander Sauer: Wir brauchen sowohl Vision als auch Mission, und zwar nach innen und nach außen. Bei der Mission kommt es darauf an, dass jeder Mitarbeiter weiß, an welchen Werten wir uns orientieren – und dass das bei jeder Entscheidung in Projekten und Projektakquisen reflektiert wird. Denn es ist wichtig, dass wir uns immer wieder darauf zurückbesinnen, wie wir eigentlich miteinander umgehen wollen.
Die 18 strategischen Themenbereiche
Durch kontinuierliche Integration neuer Technologien und innovativer Automatisierungslösungen gestaltet das Fraunhofer IPA in interdisziplinärer Zusammenarbeit mit der Industrie die Produktion der Zukunft.
Um souveräne industrielle Wertschöpfungssysteme und technologiebasierte Nachhaltigkeit zu verwirklichen, fokussiert sich das Fraunhofer IPA auf folgende Themenbereiche:
- Robotik
- Oberflächentechnik
- Produktionsgestaltung und -optimierung
- KI für die Produktion
- Additive Manufacturing
- Biointelligente Systeme
- Biomechatronik
- Batterieproduktion
- Wasserstofftechnologien
- Klinische Gesundheitstechnologien
- Laborautomatisierung
- Vernetzte IT-Lösungen für die Produktion
- Intelligente Energiesysteme in der Fabrik
- Reinheitsproduktion
- Circular Economy
- Unternehmensstrategie und -entwicklung
- Bildverarbeitung
Unsere Kunden wiederum sehen, worauf wir Wert legen, was die Menschen bei uns antreibt und was für Menschen bei ihnen perspektivisch später auch anfangen, wenn sie Interesse an neuen Mitarbeitenden haben. So können sie einschätzen, mit welchen Menschen sie Projekte machen, wenn sie mit uns Projekte machen.
Die Mission ist auch wichtig, um neue Mitarbeiter zu finden. Den etwa 100 neu angestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern pro Jahr soll die Mission ja vermitteln, was wir eigentlich für eine Organisation sind, worauf es uns ankommt. Die Mission soll zeigen, in welchem Ökosystem wir beim Fraunhofer IPA arbeiten. Die Neuen müssen wissen, was sie erwartet.
Herr Bauernhansl, bestimmt die Institutsleitung, wofür das Fraunhofer IPA steht?
Bauernhansl: Eine Mission kann man nicht verordnen. Was uns ausmacht, wird von allen Personen am Fraunhofer IPA beeinflusst und kristallisiert sich über die Jahre heraus. Auf dieser Basis haben wir dann die Mission formuliert. Wofür wir stehen, ist im täglichen Tun manchmal gar nicht so ersichtlich. Dann muss man diese Frage wieder mehr in den Vordergrund stellen. Und in manchen Punkten ist unsere Mission zunächst nur ein ambitionierter Wunsch. Dann müssen wir eingestehen, dass es schön wäre, wenn uns das zu 100 Prozent ausmachen würde. Wir arbeiten zwar dran, aber wir tun noch nicht genug dafür. Es müssen also Prioritäten hinterfragt und die Kommunikation verbessert werden. Wir müssen zusätzliche Impulse setzen und auch Anregungen schneller umsetzen. So gewinnt unsere Mission mit der Zeit an Profil.
Das Fraunhofer IPA hat die Mission formuliert »Wir produzieren Zukunft«. Diesen Claim benutzen wir schon seit einigen Jahren und es ist eine gute Zusammenfassung für unser Mission am Fraunhofer IPA. Auch wenn wir uns weiterhin überlegen müssen: Was heißt denn »wir«, was heißt »produzieren« und was heißt für uns »Zukunft« zum heutigen Zeitpunkt. Denn dadurch bleibt unsere Mission lebendig und von Bedeutung.
Haben Sie als Institutsleiter eine persönliche Vision, Herr Sauer?
Sauer: Eine konkrete Vision kann sich nur auf Metaziele beziehen. Meine Vision ist einerseits, dass wir in jedem der 18 strategischen Themenfelder des Fraunhofer IPA zu den Top drei Spielern im europäischen Kontext oder auch weltweit gehören. Deswegen haben wir uns ja auch auf diese 18 Themenbereiche fokussiert, damit wir uns auf unsere Schwerpunkte konzentrieren können. Auf der anderen Seite ist meine Vision, dass wir die missionsorientierten Aspekte, die wir formuliert haben, zu 100 Prozent in die Tat umsetzen und vorbildlich vorleben.
Und Ihre Vision, Herr Bauernhansl?
Bauernhansl: Wir haben strategische Themenfelder definiert, die superspannend und zukunftsträchtig sind und die zu uns passen. Ich glaube, das ist uns ganz gut gelungen. McKinsey hat uns ja auch bestätigt, dass wir in diesen Feldern ausgezeichnet und europaweit, wenn nicht weltweit, fast schon einzigartig aufgestellt sind: Wir haben hervorragende Rahmenbedingungen, tolles Know-how, und wir haben vor allem hochmotivierte und leidenschaftlich arbeitende Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.
Eine Vision leitet jeden Einzelnen in seinem spezifischen Feld. Die Fragen, was ich fachlich erreichen will, wo ich mein Thema hin entwickeln kann, sind der Einstieg, der eine Vision auslösen soll.
Die übergreifende Mission vermengt sich mit unserer persönlichen Agenda. Wir sind ja deswegen am Fraunhofer IPA, weil wir glauben, dass wir hier auch unsere persönlichen Ziele und das, was uns antreibt, am besten erreichen können.
Als Institutsleiter schaue ich noch mit einem anderen Blick darauf als die Mitarbeitenden. Meine Vision, also was mich persönlich antreibt, ist, zu sehen, dass sich unsere Organisation für die Menschen erfolgreich entwickelt. Ich möchte sehen, dass unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein fröhliches Lachen im Gesicht haben und für ihre Themen voller Leidenschaft brennen. Dass alle, die hier sind, gerne hier arbeiten, weil sie am Fraunhofer IPA die Themen und Möglichkeiten der Zusammenarbeit schätzen. Wenn wir erreichen, alle Mitarbeitenden mehr und mehr in einen motivierenden Kontext zu bringen, wenn wir also nicht nur inhaltlich die Nummer eins sind, sondern als Gesamtorganisation – das wäre für mich persönlich sehr motivierend.
Sauer: Mit positiver Eigendynamik und Flow!
Bauernhansl: Ja genau, Flow … dass einem alles leicht von der Hand geht und dass man super gerne zusammenarbeitet. Es ist ja heute schon häufig so, aber vielleicht nicht jeden Tag und nicht für jeden … Daran zu arbeiten, das besser zu machen, das ist extrem motivierend.
Wir bedanken uns für das Gespräch.
Ihre Ansprechpartnerin
Birgit Spaeth
Sprecherin der Institutsleitung
Telefon: +49 711 970-1810