Neues Arbeitsgebiet am Fraunhofer IPA: Kleben – Dichten – Kontaktieren

Dispenser für die Klebstoffapplikation

Quelle: Fraunhofer IPA/Foto: Rainer Bez

Neues Arbeitsgebiet am Fraunhofer IPA: Kleben – Dichten – Kontaktieren

Die Abteilung Funktionale Materialien hat ein neues Arbeitsgebiet am Fraunhofer IPA etabliert: Kleben – Dichten – Kontaktieren. Im Gespräch mit interaktiv gibt Wissenschaftler Stefan Kuntz erste Einblicke und verrät, weshalb das Kleben prädestiniert ist für den Einsatz im Automobil- und Flugzeugbau.

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Herr Kuntz, Ihre Namensgleichheit mit dem Bundestrainer-Kandidaten weckt natürlich die Assoziation: Gibt es bei der Herstellung von Fußbällen auch Klebprozesse? Lassen sich Klebstoffe auch in Fußbällen finden?

Verständlich, dass man bei meinem Namen an Fußball denkt, gerade momentan. Aber tatsächlich kann ich das bejahen, Klebstoffe sind heutzutage auch in einem Fußball vorhanden. Die meisten Fußbälle werden nicht mehr genäht wie früher, sondern mit ausgewählten Klebstoffen gefügt, was Vorteile im Hinblick auf Aerodynamik und Langlebigkeit bietet.

Klebstoffe fügen Bauteile zusammen. Doch gibt es auch Klebstoffe, die sich für Reparaturen oder das Recycling wieder lösen lassen?

Generell lässt sich sagen, dass sich alle Klebstoffverbindungen auch wieder trennen lassen. Heißt – dass sie ein erhebliches Potenzial für das Recycling bieten, gerade hinsichtlich der Trennung unterschiedlicher Materialtypen. Dennoch stellen hier meist die extremen Bedingungen, welche für die Trennung nötig sind, ein Problem dar. Meist sind hohe Temperaturen nötig, um die Klebverbindung wieder zu trennen. Dies wiederum kann die Grundkomponenten – gerade bei Kunststoffen – erheblich schädigen. Hier gibt es noch erheblichen Forschungsbedarf, um herauszufinden, wie sich beispielsweise durch die Formulierung der Klebstoffe eine einstellbare Trennung ermöglichen lässt. Auch die Funktionalisierung von Kleb- und Dichtstoffen spielt dabei natürlich eine Rolle.

Schrauben, Nieten und Schweißen sind herkömmliche Fügeverfahren. Was können Klebstoffe besser?

Bekanntermaßen verbinden Klebstoffe nicht nur Bauteile, sondern bringen gegenüber Schraub- und Schweißverbindungen zusätzliche Eigenschaften wie dämpfende, isolierende und dichtende Wirkung mit ein. Darüber hinaus lassen sich durch Funktionalisierung von Klebstoffen noch wesentlich mehr Eigenschaften realisieren. Durch eine Modifizierung mit elektrisch leitenden Füllstoffen können sie unter anderem zur Kontaktierung von elektronischen Bauteilen verwendet werden.

Der Klebstoff kann also nicht nur Bauteile zusammenhalten, sondern auch Schwingungen dämpfen, elektrisch leiten oder sperren und Verformungsenergie aufnehmen. Klebverbindungen gewährleisten eine hohe Dauerschwingfestigkeit und eine gleichmäßige Spannungsverteilung. Dies wirkt der Materialermüdung an den Bauteilen entgegen. Damit ist das Kleben besonders für Anwendungen im Automobil- und Flugzeugbau prädestiniert.

Portrait Stefan Kuntz
Wissenschaftler Stefan Kuntz (Quelle: Fraunhofer IPA/Foto: Rainer Bez)

Wie lange hält eine Klebverbindung?

Meist lässt sich nur über eine eindeutige Charakterisierung der verwendeten Klebstoffe und Materialien voraussagen, wie lange eine Klebverbindung unter verschiedenen Bedingungen hält und ihren Zweck erfüllt. Diese Vorhersage reicht für die meisten Anwendungsfälle aus. Bei komplexeren Verbindungen aber, welche beispielsweise einem dauerhaften Belastungswechsel ausgesetzt sind, müssen zerstörungsfreie Prüfungen eingesetzt werden. Meist sind diese allerdings sehr zeitaufwendig und damit kostenintensiv.

Was kann das Fraunhofer IPA seinen Kunden bieten?

Wir unterstützen unsere Kunden bei individuellen Fragestellungen zur Kleb- beziehungsweise Dichttechnik über die gesamte Prozesskette. Von der passenden Klebstoffauswahl und Formulierung für das jeweilige Anwendungsgebiet bis hin zur Ermittlung und Bewertung geeigneter Prozessparameter für Prozessanlagen. Im Fokus steht hierbei besonders das Thema Nachhaltigkeit. In Bezug darauf suchen wir nach neuen und nachhaltigen Möglichkeiten, Prozesse effizienter zu gestalten und Klebstoffe zu formulieren, also deren Rezeptur so anzupassen, dass sie neue Eigenschaften haben.

Ihr Ansprechpartner

M.Eng. Stefan Kuntz

Mitarbeiter der Gruppe Applikationstechnik
Telefon: +49 711 970-1589