»Automation of Automation«: KI-gestützte Montageplanung

Softwaretools helfen bei der Umsetzung von Montageautomatisierung

Softwaretools des Fraunhofer IPA unterstützen Unternehmen bei der technisch und wirtschaftlich sinnvollen Umsetzung von Montageautomatisierung. (Quelle: Fraunhofer IPA/Foto: Rainer Bez)

»Automation of Automation«: KI-gestützte Montageplanung

Viele Unternehmen möchten in der Montage mehr automatisieren. Die Aufwände hierfür sind aber oft noch hoch. Deshalb entwickelt ein Forschungsteam vom Fraunhofer IPA Software, die das Planen, Umsetzen, Inbetriebnehmen und Anpassen von automatisierten Montageanwendungen, beispielsweise mit einem Roboter, vereinfacht und teilautomatisiert.

Veröffentlicht am 31.10.2024

Lesezeit ca. 5 Minuten

Die Montage ist der Fertigungsabschnitt, der noch große manuelle Anteile aufweist. So wurde 2023 nicht mal jeder fünfte aller weltweit neu installierten Roboter für die Montage eingesetzt, wie die International Federation of Robotics mitteilt. Automatisierung ist hier zwar oft gewünscht oder erforderlich, jedoch meist aufwendig umzusetzen: Vielfach hängt der Erfolg einer Montageautomatisierung vom individuellen Erfahrungswissen der Fachleute ab. Zudem ist eine einmal umgesetzte Anwendung meist eine Insellösung, die sehr stark auf einen einzigen Anwendungsfall zugeschnitten ist und somit nicht in die Zeit einer zunehmend personalisierten Produktion passt.

Hier Abhilfe zu schaffen, ist das Ziel der aktuellen Arbeiten des Forschungsteams Automatisierungsplanung am Fraunhofer IPA. Das Team entwickelt KI-gestützte Software-Tools, die Unternehmen dabei unterstützen, eine automatisierte Montageanwendung systematisch und effizient zu planen, umzusetzen, zu verändern und zu optimieren. Diese Tools übernehmen wichtige und zeitaufwendige Aufgaben wie die Auslegung, das Neu- oder Umplanen, das Anpassen und auch die erneute Nutzung von vorhandenen Arbeitsmitteln in einem anderen Anwendungskontext. Mit diesen Fähigkeiten lassen sich sowohl Greenfield- als auch Brownfield-Szenarien effizient umsetzen oder verändern.

Antworten rund um die Montageautomatisierung

Die Software-Tools bieten Antworten auf viele Fragen rund um die Montageautomatisierung. Dazu gehört, nach welchen technischen und wirtschaftlichen Kriterien sich Automatisierung überhaupt sinnvoll für einen konkreten Prozess umsetzen lässt. Grundlage hierfür ist die Automatisierungs-Potenzialanalyse (APA), mit der Unternehmen innerhalb weniger Tage eine detaillierte Auswertung rund um den Ist-Zustand ihrer Produktion erhalten und darauf aufbauend mögliche Automatisierungslösungen angehen können.

Hinzu kommen Vorschläge für die Arbeitsmittel, Geräte und dergleichen, die benötigt werden, und Informationen dazu, wie diese verkettet sein müssen, um eine optimale, automatisierte Montage zu ermöglichen. Weiterhin erhalten Unternehmen Antworten auf die Frage, inwieweit sich vorhandene Maschinen optimal ausreizen lassen oder welche ausgetauscht oder neu angeschafft werden sollten. Es kann auch um die Frage der Austaktung und eine mögliche Erhöhung der Taktung gehen, um wirtschaftlicher zu fertigen. Und schließlich bieten die Tools Informationen darüber, wie die Zuführungen, Ablagen und Vorrichtungen für eine Roboter-Montagezelle angeordnet werden können, um optimale Taktzeiten zu erreichen.

Ein besonderer Vorteil der Tools liegt in ihrer Fähigkeit, die besten Auslastungen und Anordnungen selbsttätig zu finden. Damit unterstützen sie Unternehmen, vorhandene Anlagen zu optimieren, aber auch neue Anlagen und Produktionslinien systematisch zu planen.

Vom CAD-Modell zur simulierten Roboter-Montagezelle

Der Startpunkt der Software für die »Automation of Automation« ist das CAD-Modell eines Bauteils. Das entsprechende Softwaretool »zerlegt« hierfür ein Produkt oder eine Baugruppe zunächst in seine Komponenten und leitet darauf basierend einen detaillierten und automatisierbaren Vorranggraphen sowie eine optimierte Montagesequenz ab. Diese Daten sind die Grundlage für alle weiteren Schritte.

Weiter geht es in der Automatisierungsplanung mit der automatischen Greifpunktbestimmung für die robotergestützte Montage mithilfe des Tools GripNet. Es wählt gezielt jene Griffe aus, die nicht nur das Bauteil sicher halten, sondern auch präzise für die Montageaufgabe geeignet sind. Hierfür werden die Randbedingungen des aktuellen Montageschritts geprüft und auf das zu montierende Bauteil angewendet. Der bestimmte optimale Griff besteht aus Greifpunkt und Konfiguration des Greifers.

Der nächste Schritt sind die automatische Betriebsmittelauswahl und Linienaustaktung. Die Software identifiziert die passenden Betriebsmittel basierend auf unternehmensspezifischen Prozessanforderungen und optimiert die Gesamtkosten der Montagelinie. Die vollautomatische Linienaustaktung berücksichtigt dabei vorhandene und neue Betriebsmittel für die Montagelinie, sodass diese für die Produkte so optimal wie möglich konzipiert ist.

Virtuelle Begehung des Arbeitsplatzes

Und nicht zuletzt werden alle Gewerke in den Roboterzellen in 3D optimal angeordnet. Die Software nutzt die Daten aus den vorherigen Tools, um automatisch ein erstes 3D-Simulationsmodell zu erstellen, das bereits die Programmierung der Roboter beinhaltet. In diesem Modell wird die Platzierung der einzelnen Komponenten optimiert, sodass sowohl die gesamte Produktionsstraße wie auch die einzelnen Zellen entsprechend den örtlichen Gegebenheiten reibungslos und effizient funktionieren. Hierbei geht es unter anderem um passende Zuführungen der Bauteile oder deren Übergabe. Am Schluss kann die geplante Anlage mit dem Einsatz von »Extended Reality« (XR) ohne jegliches Investitionsrisiko erlebt werden. Möglich macht dies ein digitaler Zwilling, der als 3D-Hologramm mithilfe einer XR-Datenbrille wie beispielsweise der Hololens »begehbar« wird. Diese immersive Erfahrung ermöglicht, Anpassungen und Optimierungen zu testen, bevor sie in die Realität umgesetzt werden.

Startpunkt der gesamten Software rund um die »Automation of Automation« kann, muss aber nicht die APA sein. Die Software-Tools können verkettet oder einzeln genutzt werden, abhängig von den unternehmensspezifischen Bedarfen und Zielen. Ein Demonstrator am Fraunhofer IPA veranschaulicht Unternehmen die Einsatzmöglichkeiten der Tools.

Extended Reality macht geplante Montagezelle virtuell erlebbar
»Extended Reality« (XR) macht eine geplante Zelle rein virtuell erlebbar. (Quelle: Fraunhofer IPA/Foto: Rainer Bez)

Ihre Ansprechpartnerin

Katharina Barbu

Stv. Forschungsteamleiterin Automatisierungsplanung
Telefon: +49 711 970-1466