Quelle: Fraunhofer IPA/Foto: Rainer Bez
Neue Perlglanzeffekte für Automobildecklacke
Effektfarben werden bisher durch die Pigmentierung der Basislackschicht realisiert. Bei gut deckenden Basislacken ist allerdings nur ein Bruchteil der Effektpigmente sichtbar. Nun ist am Fraunhofer IPA eine spezielle Oberflächenmodifizierung entwickelt worden, die auch für die Stratifizierung von Pigmenten angewandt wird.
Veröffentlicht am 15.09.2022
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Insbesondere weiße Farbtöne sorgen für geringe Effizienz der Effektpigmente, da das enthaltene Titandioxid durch diffuse Lichtstreuung die Effekte stark abschwächt oder sogar gänzlich auslöscht. Gerade hier wären stratifizierende »Klarlacksysteme«, welche Effektpigmente enthalten, eine wichtige, wenn nicht sogar die einzige zum Erfolg führende Option.
Aufgrund der angeführten Aspekte wäre es wünschenswert, Effektpigmente in den Klarlack einzubringen, da hierbei im Gegensatz zu pigmentierten Basislacken, je nach Pigmentierungshöhe, die Effektpigmentteilchen für den einfallenden Lichtstrahl zugänglich sind und damit visuell stark in Erscheinung treten. Dadurch lassen sich besonders brillante, robuste und sehr ausgeprägte Effekte erreichen, obwohl die Pigmentierungshöhe hier oft nur bei einem Bruchteil derjenigen in einem Basislack ähnlicher Effektausprägung liegt. Da der eigentliche Perleffekt, also der ureigene Perlmutt-Effekt einer Perle, aus einem »Glanz aus der Tiefe« herrührt, sind durch stratifizierende Klarlacke gerade solche schönen Effekte zugänglich.
Stratifizierende Klarlacke sind robuster
Die auf diese Weise erzielbaren Farbeffekte erweisen sich auch bei der Applikation als robuster im Vergleich zu Effekten basierend auf Basislacken, da hier, im Gegensatz zu Basislacken, immer die Gesamtheit der Effektpigmente für die Effektausprägung eine Rolle spielt und nicht wie im Basislack nur die oberen, dem einfallenden Licht zugänglichen Bereiche. Abweichungen in der Orientierung beziehungswiese der vertikalen Verteilung der Effektpigmente treten deshalb visuell kaum oder überhaupt nicht in Erscheinung.
Weitere Informationen
Wer sich eingehender mit der Stratifizierung von Partikeln beschäftigen möchte, sollte sich folgende Präsentation von Forscher Marc Entenmann anschauen.
Die oben genannten Aspekte lassen sich jedoch nur dann realisieren, wenn sich die Effektpigmente bei oder nach der Applikation in den unteren Bereichen der Klarlackschicht anreichern beziehungsweise in Richtung Basislackschicht stratifizieren. Nur dann bildet sich eine im Wesentlichen pigmentfreie obere Klarlackschicht aus, die dafür Sorge trägt, dass sich keine negativen Auswirkungen auf den Oberflächenglanz, die Performance und Witterungsbeständigkeit ergeben. Auch im Hinblick auf die Polierbarkeit und Reparaturfähigkeit des Decklacks sind dann keine wesentlichen nachteiligen Aspekte zu erwarten. Denn im Schadensfall wird die beschädigte Fläche aufpoliert und gegebenenfalls mit einem etablierten, konventionellen Reparaturlack ausgebessert. Falls der Schaden tiefergehend und eher großflächig ist, muss dann gegebenenfalls mit einem stratifizierenden Reparaturdecklacksystem ausgebessert werden.
Stratifizierung durch Oberflächenmodifizierung
Am Fraunhofer IPA beschäftigen sich Forscherinnen und Forscher schon seit längerer Zeit mit stratifizierenden Lacksystemen, bei welchen nicht Bindemittelkomponenten, sondern die Pigmente selbst stratifizieren. Dies bietet den Vorteil, dass bereits etablierte Lackaufbauten nicht oder nur unwesentlich durch Zugabe geringer Mengen der stratifizierenden Pigmente verändert werden müssen. Abbildung 1 zeigt beispielhaft einen Automotive- Decklackaufbau mit einem weißen Basislack, überlackiert mit einem stratifizierenden, mit Effektpigmenten pigmentierten Klarlack. Zu sehen ist ein bei künstlichem Licht eher dezenter, aus der Tiefe kommender Perlmutt-Effekt auf einem weißen Untergrund, welcher sich jedoch im direkten Sonnenlicht überproportional verstärkt.
Am Fraunhofer IPA wurde eine spezielle Oberflächenmodifizierung für Pigmente und Partikel entwickelt, die auch für die Stratifizierung von Pigmenten angewandt wird. Die Triebkraft zur Stratifizierung beruht nach dieser Methode auf thermodynamischen Effekten, die durch eine gezielte Steuerung von Oberflächenenergien an den jeweiligen Pigmentoberflächen verursacht ist.
Ihre Ansprechpartner
Michael Hilt
Wissenschaftlicher Direktor für Oberflächen und Materialien
Telefon: +49 711 970-3820
Marc Entenmann
Forschungsteamleiter Pigmente und Dispergiertechnik
Telefon: +49 711 970-3854