Grünen Wasserstoff durch PEM-Wasserelektrolyse produzieren

Versuchsaufbau

Quelle: Fraunhofer IPA/Foto Rainer Bez, Clemens Hess

Grünen Wasserstoff durch PEM-Wasserelektrolyse produzieren

Die Protonenaustauschmembranelektrolyse (PEM) zur Wasserstoffproduktion hat einen großen Nachteil: Die Anoden sind mit Iridium beschichtet – einem der seltensten Elemente überhaupt. Das Fraunhofer IPA arbeitet deshalb an galvanischen Abscheidungsverfahren zur Erzeugung von Schichten mit möglichst geringem Iridiumgehalt.

Veröffentlicht am 08.09.2022

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Die Europäische Union plant, den Ausstoß von Kohlenstoffdioxid bis 2030 um 55 Prozent gegenüber 1990 zur reduzieren. Dafür muss der Ausbau der erneuerbaren Energien in den nächsten Jahren deutlich beschleunigt werden. Als Folge steigt allerdings die Spannbreite der elektrischen Leistung: Je nachdem, ob die Sonne scheint oder wie der Wind bläst, steht sie unbeständig schwankend zur Verfügung. Das Fraunhofer IPA identifiziert und entwickelt Technologien, mit denen die Energieversorgung durch eine volatile Stromerzeugung möglich wird. Die Erzeugung von grünem Wasserstoff als Speicher für erneuerbare Energie ist ein wichtiger Baustein, um auch zukünftig eine sichere Energieversorgung gewährleisten zu können.

Die Farbenterminologie von Wasserstoff

Ob das farblose Gas als grüner, blauer, grauer, türkiser oder roter Wasserstoff bezeichnet wird, hängt von seiner Herkunft und Erzeugertechnologie ab. Grüner Wasserstoff wird durch Elektrolyse von Wasser erzeugt. Dabei werden Wassermoleküle (H2O) in ihre beiden Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten. Kommt der dabei eingesetzte Strom aus erneuerbaren Energien ist kein CO2 entstanden. Der auf diese Weise hergestellte Wasserstoff ist klimaneutral und wird als grüner Wasserstoff bezeichnet. (Quelle: Grüner Wasserstoff mit Offshore-Windenergie – Hintergrundpapier zu den Herstellungsmethoden von Wasserstoff, www.offshore-stiftung.de)

Lastwechsel als Kriterium für das Elektrolyseverfahren

Mit der alkalischen Elektrolyse (AEL) und der Protonenaustauschmembranelektrolyse stehen kommerziell zwei Niedertemperaturelektrolyseverfahren für die Erzeugung von grünem Wasserstoff zur Verfügung. AEL ist eine etablierte Technologie, um Wasserstoff aus elektrischer Energie zu gewinnen. AEL-Anlagen können großtechnisch angewendet werden und sind häufig für den Dauerbetrieb ausgelegt. Sie haben allerdings den Nachteil, dass sie aktuell weniger gut mit den Lastwechseln und der volatilen Dynamik von erneuerbaren Energieträgern zurechtkommen. Häufige Laständerungen führen zu geringeren Gasqualitäten des Wasserstoffs und mindern die Lebensdauer der Elektrolysezellen, in denen der Elektrolyseprozess in einer wässrigen Kalium-Hydroxid-Lösung stattfindet.

Polymer-Elektrolyt-Membran-Elektrolyse

Die Protonenaustauschmembranelektrolyse oder Polymer-Elektrolyt-Membran-Elektrolyse (englisch Proton Exchange Membrane Elektrolyse), kurz PEMEL oder PEM, nutzt Zellen mit fester, saurer Protonenaustauschmembran zwischen Elektroden aus Edelmetallen. PEM befindet sich bisher kaum im großtechnischen Einsatz und steht erst am Anfang der Kommerzialisierung. Einzelne Module erreichen derzeit Leistungen bis zu fünf Megawatt – im Vergleich: große Windkraftanlagen erreichen derzeit eine Nennleistung von drei bis neun Megawatt. PEM-Module können aber zu Anlagen mit größerer Gesamtleistung kombiniert werden können.

PEM-Elektrolyseure besitzen eine gute Teillastfähigkeit und können mit hohen Stromdichten bei guten Wirkungsgraden betrieben werden. Sie sind unempfindlich gegenüber Lastwechseln. Insofern eignen sie sich besonders für die Produktion von Wasserstoff mit Strom aus volatilen erneuerbaren Energieträgern. Ein weiterer Vorteil ist der vergleichsweise geringe Platzbedarf von PEM im Vergleich zu AEL.

Versuchsaufbau
Versuchsaufbau zur Abscheidung von Iridium-haltigen Schichten (Quelle: Fraunhofer IPA/Foto: Rainer Bez, Clemens Hess)
Iridiumoxidschicht
REM-Aufnahme einer anodisch abgeschiedenen Iridiumoxidschicht. (Quelle: Fraunhofer IPA)

Die energetischen Wirkungsgrade liegen aktuell bei 60 bis 64 Prozent auf den Heizwert bezogen, bei 71 bis 75 Prozent auf den Brennwert bezogen, wie es im »Hintergrundpapier zu den Herstellungsmethoden von Wasserstoff« der Stiftung Offshore Windenergie nachzulesen steht. Um den Nutzungsgrad der elektrischen Energie zu erhöhen, kann die entstehende Abwärme zum Beispiel in Wärmenetzen genutzt werden. Die Technologie ist jedoch sowohl auf der Kathoden- als auch auf der Anodenseite von Edelmetallen abhängig. Für die Anodenseite weist Iridiumoxid das beste Eigenschaftsprofil aus elektrochemischer Aktivität und Beständigkeit auf. Iridium ist allerdings mit einem Vorkommen in der Erdkruste von 0,000003 Parts per million und einer jährlichen Fördermenge von sieben Tonnen (2016) eines der seltensten Elemente überhaupt. Derzeit werden pro Kilowatt Leistung für einen PEM-Elektrolyseur etwa 0,67 Gramm Irdium benötigt, wodurch sehr hohe Materialkosten entstehen, wie aus der Studie »Industrialisierung der Wasserelektrolyse in Deutschland« hervorgeht.

Galvanische Verfahren reduzieren Iridium

Um die PEM-Elektrolysetechnik großtechnisch erfolgreich in den Markt bringen zu können, muss der Iridiumeinsatz signifikant reduziert werden. Im Forschungsprojekt »IREKA – Iridium-reduzierte Anodenkatalysatoren für die PEM-Wasserelektrolyse« arbeitet die Abteilung Galvanotechnik des Fraunhofer IPA an der Entwicklung von galvanischen Abscheidungsverfahren zur Erzeugung von Katalysatorschichten: Das Ziel dabei ist, Katalysatormaterialien und -schichten mit einem möglichst geringen Iridiumgehalt zu erhalten. Galvanische Verfahren sind dabei für einen sparsamen Materialeinsatz prädestiniert. Schichten können sehr dünn bis hin zu nur einzelnen Keimen abgeschieden werden, zudem kann die Abscheidung selektiv nur auf den Funktionsflächen erfolgen. Im Projekt sollen drei verschiedene Routen untersucht werden, um den Einsatz von Iridium auf den Anoden zu reduzieren. Dazu gehören die direkte Abscheidung von dünnen Iridium(legierungs-)schichten, die direkte anodische Abscheidung von Iridiumoxid und die Herstellung kleinstskaliger Katalysatorpartikel durch Mikrogalvanoformung.

Das Forschungsprojekt

IREKA – Iridium-reduzierte Anodenkatalysatoren für die PEM-Wasserelektrolyse

IREKA (Förderkennzeichen: 03HY107B) ist ein Teil des Leitprojekts »H2Giga«, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird. H2Giga hat das Ziel, Elektrolyseure technologieoffen zur Serienreife zu bringen. Dabei entwickeln gemeinsam etablierte Elektrolyseurhersteller, Zulieferer aus verschiedenen Technologiebereichen – darunter viele kleine und mittlere Unternehmen – sowie Forschungseinrichtungen und Universitäten bestehende Elektrolysetechnologien weiter.

Test der Proben und Skalierungskonzept

Die so am Fraunhofer IPA erzeugten Proben werden zur Untersuchung dem Projektpartner vom Leibniz-Institut für Katalyse e.V. übergeben, das diese hinsichtlich ihrer Funktionsfähigkeit mit dem geringstmöglichen benötigten Anodenpotenzial zur Erreichung der Arbeitsstromdichte und Langzeitstabilität testet. Eignet sich das Verfahren zur Abscheidung von iridiumreduzierten Katalysatorschichten, erarbeitet das Fraunhofer IPA ein Konzept zur Hochskalierung des Prozesses.

Iridiumoxidbeschichtete Bleche
Makroaufnahmen von iridiumoxidbeschichteten Blechen. (Quelle: Fraunhofer IPA)

Ihr Ansprechpartner

Dr.-Ing. Stefan Kölle

Mitarbeiter der Gruppe Galvanische Prozesse und Werkstoffe
Telefon +49 711 970-1786