Modellbasierter Ansatz in der Fabrikplanung: Building Information Modeling

Fabrikhalle (Symbolbild)

Quelle: Universität Stuttgart IFF/Fraunhofer IPA, Foto: Stephan Maier

Modellbasierter Ansatz in der Fabrikplanung: Building Information Modeling

Mit Building Information Modeling (BIM) wird Fabrikplanung modellbasiert, vernetzt und kollaborativ. Gerade bei infrastrukturintensiven Fabriken hilft BIM, Komplexität zu beherrschen, Schnittstellen früh zu klären und Entscheidungen datenbasiert zu treffen – vom Konzept bis zum Betrieb.

Veröffentlicht am 07.11.2025

Lesezeit ca. 7 Minuten

Von Alexander Kronschnabl

Fabrikplanung im Wandel

Klassische Methoden der Fabrikplanung haben nach wie vor ihre Stärken. So eignet sich eine Planung mit Schere und Papier beispielsweise im Rahmen von Workshops. Digitale Werkzeuge können bei speziellen Fragestellungen gezielt unterstützen, etwa bei der Visualisierung oder Simulation. Fabriken werden jedoch immer komplexer. Gründe hierfür sind unter anderem steigende regulatorische Anforderungen, so etwa im Bereich des Brandschutzes. Hinzu kommt, dass es vermehrt zu sogenannten infrastrukturintensiven Fabrikprojekten kommt, die umfangreiche Anforderungen an die Gebäudeinfrastruktur stellen, beispielsweise durch Rein- und Trockenräume. Diese Entwicklung übersteigt die Möglichkeiten klassischer Methoden und Werkzeuge. Diese zunehmende Komplexität lässt sich nachhaltig nur mit modellbasierten Werkzeugen beherrschen.

Grundlagen

Die ursprünglich aus der Architektur stammende Methodik des Building Information Modeling (BIM) ist inzwischen auch in der Fabrikplanung weit verbreitet. Unter BIM ist grundsätzlich eine Arbeitsmethode zu verstehen. Sie basiert auf einer gemeinsam genutzten digitalen Repräsentation eines Assets und dient als Unterstützung und Entscheidungsgrundlage für Planungs-, Bau- und Betriebsprozesse.

Im Rahmen des Planungsprozesses erfolgt eine schrittweise Verfeinerung des BIM-Modells. In diesem Kontext hat sich das Level of Development (LOD) durchgesetzt, welches sich aus geometrischen (Level of Geometry, LOG) sowie alphanumerischen (Level of Information, LOI) Daten zusammensetzt und folglich den Ausarbeitungs- beziehungsweise Fertigstellungsgrad beschreibt. Exemplarisch entspricht LOD 100 einer symbolischen Darstellung, während LOD 400 alle relevanten Informationen für die Herstellung umfasst.

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Wann? 11./12. November 2025, 08:30 Uhr–17:00 Uhr

Wo? Fraunhofer IPA, Nobelstraße 12, 70569 Stuttgart

Infos und Anmeldung

LOG+LOI=LOD

Im BIM-Kontext hat sich mit den sogenannten Industry Foundation Classes (IFC) zudem ein offenes Austauschformat etabliert. Als international standardisiertes und ausgereiftes Datenmodell ermöglicht es den Austausch von Bauwerksmodellen zwischen den verschiedenen Projektbeteiligten und unterschiedlichen Software-Anwendungen. Es überträgt ebenjene Daten, die für das LOD benötigt werden, also sowohl Geometrien (Form, Abmessungen, Lage etc.) als auch semantische Informationen (Bauteilklassen, Typen, Instanzen etc.).

BIM-basierte Fabrikplanung am Fraunhofer IPA

Wie die BIM-gestützte Fabrikplanung im Vergleich zur klassischen Methodik gelingt, zeigen wir anhand von drei Zeitpunkten im Planungsprozess:

In der Konzeptphase großer Projekte, bei denen nach der BIM-Methodik geplant wird, ersetzt ein dreidimensionales »Konzeptmodell« die Ideal-/Reallayouts. Funktionseinheiten werden als Kuben im Blocklayout platziert, was trotz der groben Geometrie (niedriger LOG) das Verständnis fördert. Die Fabrikplanung erhebt strukturierte Daten (hoher LOI), stellt sie anderen Gewerken bereit und ermöglicht sozusagen eine Planung von innen nach außen. Die Übergabe erfolgt bidirektional und iterativ im selben Dateiformat. Während die Fabrikplanung die Anordnung und die Medienbedarfe festlegt, liefert die Gebäudeplanung rechtliche Rahmenbedingungen, wie Brandschutzvorgaben oder bauliche Restriktionen, wie das Stützenraster.

Fabrik- und Gebäudeplanung

Anstelle der Ausarbeitung eines Feinlayouts in Visio in der Detailplanung ist es bei der Anwendung der BIM-Methodik sinnvoll, die ausgewählte Vorzugsvariante in ein Koordinationsmodell zu überführen. Ab diesem Zeitpunkt spricht man von einem sogenannten Single Point of Truth. Auf dessen Basis führt jedes Gewerk sein jeweiliges Fachmodell. Im weiteren Planungsprozess bis zum Hochlauf wird das Modell detaillierter ausgearbeitet. Geometrien beziehungsweise Kuben werden entsprechend der tatsächlichen Abmessungen dargestellt und durch zusätzliche Attribute erhöht sich die Informationsdichte. Darüber hinaus werden in regelmäßigen Koordinationsrunden Kollisionen gewerksübergreifend identifiziert und gelöst. Innerhalb von VDI und buildingSMART finden derzeit einige Bestrebungen statt, die exakte Rolle der Fabrikplanung in diesem Kontext zu konkretisieren (vgl. VDI-Expertenempfehlung 2552 Blatt 11.8, buildingSMART-Fachgruppe Fabrikplanung). Die Optionen reichen dabei von beratender Begleitung der beeinflussten Gewerke bis hin zu einem eigenen »Fachmodell«.

Fachmodell

In der Praxis kommt es häufig vor, dass 2D-Layouts nach Projektende nicht weiter gepflegt werden und somit veralten. Um das volle Potenzial von BIM zu heben, sollte eine Fortführung und Nutzung im Betrieb in jedem Fall angestrebt werden. Zum Zeitpunkt eines »As-Built-Modells« sind alle Kuben durch reale Maschinen- und Anlagenmodelle ersetzt, die mit allen technischen und betrieblichen Informationen versehen sind.

Der Nutzen

BIM liefert eine durchgängige, verlässliche Datenbasis für Fabriken – von der Idee bis in den Betrieb. Die konsequente Anwendung der BIM-Methodik führt in der Planungsphase einer Fabrik zu sinkenden Fehler- und Nacharbeitsraten bei gleichzeitig steigender Planungssicherheit:

As-Built-Modell
  • Frontloading: Die Fabrikplanung erarbeitet bereits in einem sehr frühen Stadium des Planungsprozesses relevante Informationen und stellt diese strukturiert für andere Gewerke (zum Beispiel Gebäudeplanung, TGA-Planung) bereit.
  • Kollaboration: Durch die Verknüpfung von Fachmodellen über ein Koordinationsmodell werden Kollisionen früh sichtbar und die Komplexität bleibt beherrschbar.
  • Single-Point-of-Truth: Eine durchgängige und zentrale Dokumentation aller Daten ermöglicht es, Wissensverluste zu vermeiden und Redundanzen in der Planung zu minimieren.

Im Betrieb erschließt ein As-Built-Modell zusätzliche Potenziale – vorausgesetzt, es wird kontinuierlich gepflegt:

  • Unterstützung des Facility Managements
  • Transparenz im Change Management
  • Erfüllung von Betreiberpflichten und Erbringung erforderlicher Nachweise
  • Kostenersparnis beim Rückbau aufgrund vorhandener Informationen und dadurch entfallende Materialprüfungen

Literaturquellen

VDI 2552 Blatt 2 (2022). Building Information Modeling. Begriffe.

DIN EN ISO 16739-1 (2024). Industry Foundation Classes (IFC) für den Datenaustausch in der Bauwirtschaft und im Anlagenmanagement – Teil 1: Datenschema.

Fazit

BIM wird die Fabrikplanung nachhaltig prägen. An diese Entwicklung hat das Forschungsteam Fabrikplanung und Wertstromdesign am Fraunhofer IPA seine Vorgehensweise angepasst und kann eine »BIM-ready«-Fabrikplanung gewährleisten. Durch Projekte, Fortbildungen und Lehre besteht bereits fundierte Erfahrung hinsichtlich der optimalen und effizienten Fabrikplanung in Projekten mit BIM. Die detaillierte Modellierung und Programmierung von BIM-Modellen werden hingegen spezialisierten Partnern übertragen.

Überlegen Sie, ein Fabrikplanungsprojekt anzugehen, und verfügen bereits über ein BIM-Modell oder schreiben BIM im Projekt vor? Sprechen Sie uns an – wir unterstützen Sie gerne!

Serie »Digitale Planungswerkzeuge«

In mehreren Serien von interaktiv-Beiträgen gibt das Forschungsteam Fabrikplanung und Wertstromdesign Einblicke in verschiedene Themenschwerpunkte. Erschienen ist in dieser Serie bereits:

Ihre Ansprechpartner

Alexander Kronschnabl

Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Forschungsteam Fabrikplanung und Wertstromdesign
Telefon: +49 711 970-3558

Christian Kaucher

Forschungsteamleiter Fabrikplanung und Wertstromdesign
Telefon: +49 711 970-1865

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