Quelle: Fraunhofer IPA
Filigrane Kabelmontage mit Robotern
Montageautomatisierung ist ein zentrales Thema am Fraunhofer IPA, denn der Robotereinsatz ist hier gerade bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) noch recht gering. Dies zu ändern ist das Ziel von Cellios, einer Ausgründung des Fraunhofer IPA. Das Team möchte die Kabelmontage auch für kleine Losgrößen wirtschaftlich umsetzbar machen.
Veröffentlicht am 08.02.2024
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Rund um die boomende Elektronikproduktion ist die Montage von Kabeln und Steckern eine sehr typische Aufgabe. Aktuell wird sie vielfach noch manuell ausgeführt – eine eintönige Aufgabe, für die sich insbesondere in Zeiten des Arbeitskräftemangels immer schwerer Personal finden lässt. Der Einsatz von Automaten und Robotern wäre hierfür prädestiniert. Allerdings stellte diese knifflige Fügeaufgabe Roboter bisher noch vor Herausforderungen.
Warum das so ist, kann Arik Lämmle aus dem Gründungsteam von Cellios sehr eindrücklich zeigen. Hierfür holt er einen gängigen Stecker sowie das entsprechende Kabel hervor, die das Team auch für Demonstrationszwecke in seiner Roboterzelle nutzt. Stecker und Kabel sind wirklich klein: Der gesamte Stecker mit 16 bis 18 Öffnungen für Kabel ist kaum größer als ein Fingernagel, und die Kabel sind dünn wie Fäden.
Schon der Mensch hat Schwierigkeiten, den Stecker in der passenden Richtung in das dafür vorgesehene Steckloch einzufügen. Es braucht ein paar Anläufe, dann endlich rastet der Stecker ein. »Und es gibt Fachkräfte, die machen den ganzen Tag nur diese Arbeit«, erklärt Lämmle. So wird schnell ersichtlich, welchen Mehrwert eine automatisierte Lösung hier hätte.
Komplettlösung (nicht nur) für den Mittelstand
Eine solche Lösung, die auf vielen Jahren Erfahrung in der Montageautomatisierung basiert, hat das Cellios-Team am Fraunhofer IPA entwickelt. Das Produkt »intelligent Robotic Assembly Cell« (intRAC) ist eine Gesamtlösung aus effizienter Software und modularer Hardware, mit der das anspruchsvolle Einführen von Kabeln in Stecker automatisiert umsetzbar ist. Durch standardisierte Prozessmodule lassen sich eine Vielzahl an Produkten und Prozessen abbilden und damit selbst kleine und mittlere Stückzahlen wirtschaftlich automatisieren.
Zwei beispielhafte Anwendungen hat das Team bereits als Demonstratoren umgesetzt. Das ist zum einen die Montage von Flachbandkabeln inklusive der Vereinzelung von kleinen Steckern. Der zweite Demonstrator zeigt ein Robotersystem, das mehrere Bestandsautomaten bedienen kann, um auf kostspielige zusätzliche Zusatzsysteme verzichten zu können. Das Robotersystem kann biegeschlaffe Kabel prozesssicher handhaben und automatisiert ablängen und abisolieren. Anschließend werden beidseitig MQS-Kontakte mittels Crimp-Halbautomat am Kabel angebracht. Zuletzt fügen die beiden Roboter das vorkonfektionierte Kabel feinfühlig in die zugehörigen Gehäuse. Trotz der nicht-symmetrischen Geometrie und geringen Größe der Steckverbindung wird die Anwendung prozessstabil ausgeführt, da die Roboter dank eingesetzter Kraftsensoren feinfühlig agieren. Die Anwendung ist zudem flexibel, weil diese Kraftregelung mithilfe von Parametern programmiert wird und somit leicht an neue Bauteile oder Änderungen im Prozess anpassbar ist. »So können mit nur einer Roboterzelle einfach und effizient mehrere Varianten gefertigt werden und das, ohne dass eigenes Automatisierungswissen erforderlich ist«, betont Lämmle den Mehrwert dieser Entwicklung.
Weil die Nachfrage nach mehr Automatisierung in diesem Kontext besonders vonseiten mittelständisch geprägter Betriebe sehr stark ist, erhält das Team aktuell eine EXIST-Förderung für eine potenzielle Ausgründung.
Ihr Ansprechpartner
Arik Lämmle
Mitarbeiter des Forschungsteams Roboterprogrammierung für kraftgeregelte (De-)Montage
Telefon +49 711 970-1639