Kontaktlinse fürs Ohr

Hörkontaktlinse

Nicht größer als ein Knopf: die Hörkontaktlinse®, Kerntechnologie des Hörsystems Vibrosonic alpha. (Quelle: Vibrosonic GmbH) 

Kontaktlinse fürs Ohr

Um Hörgeschädigten ein besseres Leben zu ermöglichen, hat das Start-up Vibrosonic eine neuartige Hörhilfe entwickelt, deren Lautsprecher direkt auf dem Trommelfell aufliegt. Die Klangqualität dieser Hörkontaktlinse® übertrifft die bisheriger Hörsysteme. Vibrosonic ist eine Ausgründung des Fraunhofer IPA und der Universitäts-HNO-Klinik Tübingen.

Veröffentlicht am 22.02.2024

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Lärm, ein Hörsturz, Gefäßverengungen, das Alter – Schwerhörigkeit kann viele Ursachen haben. 19 Prozent der deutschen Bevölkerung über 14 Jahre sind hörbeeinträchtigt. Bei einer Bevölkerungszahl dieses Personenkreises von 70 Millionen sind das 13,3 Millionen, schätzt der Deutsche Schwerhörigenbund e.V. In vielen Fällen können Hörhilfen das Hörvermögen verbessern und den Alltag der betroffenen Menschen erleichtern. Bei gängigen Hörgeräten sitzt der Lautsprecher im Gehörgang des Trägers. Daraus resultierende akustische Verzerrungen können die Klangqualität beeinträchtigen. Das Mikrofon befindet sich hinter dem Ohr und ist dadurch anfällig für Störgeräusche wie etwa Wind. Mit einer innovativen Hörhilfe will das Mannheimer Start-up Vibrosonic diesen Nachteilen entgegenwirken. Dominik Kaltenbacher und Jonathan Schächtele, ehemals Wissenschaftler des Fraunhofer IPA, und Ernst Dalhoff von der Universitätsklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde Tübingen haben das Unternehmen im Jahr 2016 ausgegründet. Heute, fast acht Jahre später, zählt Vibrosonic 35 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Hörkontaktlinse® verstärkt Klänge im Frequenzbereich von 80 Hertz bis zwölf Kilohertz

Die erste, CE-zertifizierte Hörlösung Vibrosonic® alpha besteht aus drei Komponenten: der Hörkontaktlinse®, einem Gehörgangsmodul und einem Hinter-dem-Ohr-Modul. Hörkontaktlinse® und Gehörgangsmodul verbleiben fest im Gehörgang, das Hinter-dem-Ohr-Modul kann flexibel abgenommen werden. Mit der Hörkontaktlinse® sitzt der Lautsprecher nicht im Gehörgang, sondern direkt auf dem Trommelfell. Schwingungen überträgt sie ohne Luftschall direkt auf die Gehörknöchelchen. Die Klangübertragung erfolgt durch direkte mechanische Stimulation des Gehörs. Dadurch kann das natürliche Hören weitgehend nachempfunden werden.

Gründungsmitglieder von Vibrosonic
Die Gründungsmitglieder von Vibrosonic: Jonathan Schächtele, Ernst Dalhoff und Dominik Kaltenbacher (von links nach rechts). (Quelle: Vibrosonic GmbH)

Die Hörkontaktlinse® ist in der Lage, Klänge im gesamten hörbaren Frequenzbereich von unter 80 Hertz bis deutlich über zwölf Kilohertz zu verstärken. Klassische Systeme hingegen können dies nicht. Aufgrund der Unterschiede in der Trommelfellform wird die Hörkontaktlinse® für jeden Patienten individuell hergestellt. Dazu wird der Vibrosonic-Aktor, ein piezoelektrischer Mikrolautsprecher, in eine Silikonform eingegossen. »Da unsere Hörkontaktlinse® direkt auf dem Trommelfell getragen wird – wie eine Kontaktlinse auf dem Auge – können sehr tiefe und besonders hohe Töne sehr gut verstärkt und störende Geräusche durch Rückkopplungen prinzipbedingt weitgehend vermieden werden. Die tiefen Töne sind beispielsweise beim Genuss von Musik entscheidend, weil der Klang dadurch satter wird. Hohe Töne gut hören zu können, ist für das Sprachverstehen wichtig, denn die codierten Obertöne machen den Charakter einer Stimme aus«, erläutert Vibrosonic-CEO Dominik Kaltenbacher.

Strukturen des Aktors tausendmal kleiner als ein menschliches Haar

Bei hochgradiger Schwerhörigkeit oder extremer Miniaturisierung stoßen herkömmliche Hörgeräte aufgrund von Rückkopplungs- und Verzerrungseffekten an ihre Grenzen – verursacht durch Leistungsgrenzen der seit jeher verwendeten Spulen-Lautsprecher. »In der Hörkontaktlinse® verwenden wir den weltweit ersten Hörgerätelautsprecher, der konsequent mit den Methoden der Mikrosystemtechnik entwickelt und realisiert wurde, den sogenannten Vibrosonic-Aktor. Einzelne Strukturen des Vibrosonic-Aktors sind tausendmal kleiner als die Dicke eines menschlichen Haars. Trotz kleinster Abmessungen verfügt er über überragende audiologische Eigenschaften«, sagt Kaltenbacher.

Grafik: Vibrosonic alpha
Die Hörkontaktlinse® und das Gehörgangsmodul werden mit dem Klangprozessor, der derzeit hinter dem Ohr getragen wird, verbunden. Dieser kann flexibel abgenommen werden und umfasst neben der Signalverarbeitungselektronik auch die Batterie. Gehörgangsmodul und Hörkontaktlinse® verbleiben fest im Ohr. (Quelle: Vibrosonic GmbH)

Hörsystem für Patienten mit leichtem bis moderat schwerem Hörverlust

Erste Studien mit wenigen Probanden haben gezeigt, dass Vibrosonic alpha das Klangerlebnis von Menschen mit leichter bis mittelgradiger Hörschädigung verbessern kann. Das System eignet sich für Patienten ab 18 Jahren und kann sowohl auf einem als auch auf beiden Ohren getragen werden, je nach individuellem Hörverlust. Geplant ist aber, den Klangprozessor hinter dem Ohr derart zu miniaturisieren, dass er im Gehörgang verschwindet und nahezu unsichtbar wird.

Ihre Ansprechpartnerin

Regine Heitlinger

Marketingmanagerin bei der Vibrosonic GmbH