Biopolymere für den 3D-Druck

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Biopolymere für den 3D-Druck

In der Agrar- und Forstwirtschaft fallen große Mengen an bisher ungenutzten, abbaubaren Biopolymeren an. Sie könnten für den 3D-Druck verwendet werden und die nicht-biologischen Polymere ersetzen, die bisher massenhaft zum Einsatz kommen.

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In den letzten Jahren hat die Technologie der additiven Fertigung, bekannter als 3D-Druck, große Zuwächse verzeichnet. Ein Großteil der verdruckten Materialien sind Kunststoffe, mit denen viele Nonsense-Produkte wie Einmalsonnenbrillen gedruckt werden und die zur weltweiten Müll- und CO2-Problematik beitragen, wie das Umweltbundesamt in seiner Studie zu den Umweltfolgen des 3D-Drucks feststellte. Alternativen, aus biologischem Material hergestellte Kunststoffe, können dieses Problem nicht lösen, da sie nicht vollständig abbaubar sind und ihre Herstellung energieintensiv ist. Zugleich fallen in der Agrar- und Forstwirtschaft große Mengen an bisher ungenutzten, abbaubaren Biopolymeren an, die das Potenzial haben, nicht-biologische Polymere zu ersetzen. Einige Biopolymere wie Cellulose wurden bereits im 3D-Druck eingesetzt. Jedoch müssen chemische Bindemittel wie Formaldehyd zugegeben werden, um mechanische Eigenschaften ähnlich denen von Kunststoffen zu erreichen, wodurch die Endprodukte nicht mehr biologisch abbaubar sind.

Glossar

Biopolymere | Gruppe von Makromolekülen, die in tierischen, pflanzlichen oder mikrobiellen Zellen hergestellt werden. Beispiele sind Mehrfachzucker, Proteine oder DNA.

Enzyme | Proteine, die eine chemische Reaktion beschleunigen, ähnlich einem Katalysator.

Laccasen | Enzyme, die in vielen Pilzen, Pflanzen und Mikroorganismen vorkommen und deren Vertreter u. a. Gerbstoffe oxidieren können.

Transglutaminasen | Enzyme, die andere Proteine mit- oder untereinander vernetzen.

Lignin | Komplexe Makromoleküle, die als Stützstruktur in pflanzlichen Zellwänden fungieren.

Stabil durch Chitin aus Krabbenschalen

Das Forscherteam am Fraunhofer IPA um Dr. Kristin Protte und Dr. Oliver Schwarz befasst sich daher mit der Entwicklung von Herstellungsverfahren verdruckbarer Biopolymermaterialien, die komplett biologisch abbaubar sind und ihre Stabilität durch Einsatz vernetzender Enzyme erhalten. Der Fokus liegt auf dem Einsatz angepasster Enzymsysteme, mit denen ein robuster Herstellungsprozess etabliert werden kann.

Ein erstes Projekt befasst sich mit der Vernetzung von Chitin, das aus Krabbenschalen gewonnen wird. Nach einer Vorbehandlung mit heißer Lauge geben die Wissenschaftler Laccasen und natürliche Gerbstoffe, sogenannte phenolische Verbindungen, zu den vorbehandelten Chitinpartikeln. Dabei werden die Gerbstoffe auf der Oberfläche der Partikel gebunden, die dann untereinander weitere stabile Bindungen ausbauen können. Die nun einsetzende Kettenreaktion können die Wissenschaftler besser kontrollieren, wenn sie die Partikel in eine Matrix aus Gelatine geben. Der abschließende Aushärtungsprozess wird durch ein weiteres Enzym, die Transglutaminase, die die Gelatine vernetzt, beschleunigt. Entsprechend der gewählten Kombinationen aus Enzym- und Substratkonzentrationen sowie Prozesstemperaturen konnte das Fraunhofer IPA mechanische Eigenschaften ähnlich denen von Kunststoffen erhalten.

Vernetzendes Enzym Lignin aus Restholz

Neben Chitin wird auch der Einsatz von Holzpartikeln aus Bruch- und Laubholz als Rohstoff für den 3D-Druck untersucht. Zentrales Polymer für die enzymatische Vernetzung ist Lignin, das für seine hohe mechanische Stabilität bekannt ist. Als Schutz gegen vorzeitigen Abbau dienen natürliche Schichten, sogenannte Coatings, die ebenfalls am IPA entwickelt werden. Weitere Projekte zu anderen Biopolymeren sind in Vorbereitung.

Durch eine enge Kooperation mit dem Zentrum für Additive Produktion am Fraunhofer IPA können zukünftig innovative Fertigungswege und Drucktechnologien für den Einsatz der abbaubaren Druckmaterialien entwickelt und so neue Wege im Bereich der additiven Fertigung beschritten werden.

Biologische Transformation: 3D-Druck wird biointelligent

Wer nachhaltig produzieren will, kommt um das Vorbild der Natur nicht herum. Bei ihr gibt es keine Abfälle. Was vergeht, wird zum Baustein für neues Leben. Modell ist die Kreislaufwirtschaft. Wer nach den Prinzipien der Natur produziert und wirtschaftet, nutzt immer mehr Materialien, Strukturen, Prozesse und Organismen der Natur in der Technik. Die Produktion wird biologisch transformiert. Ziel dieser Biologischen Transformation ist letztlich das »biointelligente System«, das große Datenmengen einbezieht und regenerativ, kostengünstig und hochflexibel arbeitet.

Die Forschung an Biopolymeren für den 3D-Druck von Kristin Protte und Oliver Schwarz entwickelt Herstellungsverfahren für natürliche, biologisch abbaubare Druckmaterialien. Sie ist ein wichtiger Schritt in Richtung biointelligenter 3D-Druck. Ziel aller Forschungsprojekte ist es, Kunststoffprodukte mit einer mittleren Lebensdauer von rund zwei Jahren ersetzen zu können. Durch Verzicht auf chemische Bindemittel und Coatings sind diese gedruckten Objekte komplett natürlich und biologisch abbaubar.

Ihre Ansprechpartnerin

Dr. Kristin Protte

Mitarbeiterin des Virtual Orthopedic Lab
Telefon: +49 711 970-3654